Jambo Kenya!

 Zwei Wochen bin ich nun in Kenya - es kommt mir vor als ob ich schon eine EWIGKEIT hier waere, da ich schon so viel erlebt habe. Die ersten Tage verbrachte ich im katholischen Schwesternhaus in Malindi - ja ab jetzt werde ich ueberall als Sister Eliza vorgestellt. Die Schwestern sind fest davon ueberzeugt, dass ich mich gut als Schwester machen wuerde. Am Morgen um 6 Uhr aufstehen und ab in die Fruehmesse, anschliessend gemeinsames Fruehstueck mit den 3 Schwestern. Danach hatte ich frei. Langweilig wurde es mir ganz und gar nicht, denn Freunde vom letzten Jahr konnten es nicht erwarten mich wiederzusehen - mir ging es natuerlich nicht anders. Abends um 6 wurde gebetet und um 7 gab es Abendessen. Ich genoss die Zeit bei den Schwestern wirklich sehr - wir haben viel gelacht.

 

Gleich am ersten Tag ging ich mit einem - EINEM nicht MEINEM - Freund zum Strand. Es war noch schoener als ich es in Erinnerung hatte. Vor lauter Begeisterung vergass ich, auf den Boden zu sehen und trat auf einen grossen Glasspatzen, der sich direkt durch meinen Zeh bohrte ... was fuer ein Anfang! Ich zog ihn sofort heraus, aber es wollte nicht aufhoeren zu bluten, ich humpelte zurueck zur Strasse und wurde ins Krankenhaus gebracht. Dort war ich kurz schokiert, als die Aerztin mich entsetzt ansah und eine Metzgerschoss anzog, es war dann aber nicht soooo schlimm. Der Zeh ist mittlerweile wieder zu, allerdings nicht mehr ganz so schoen wie zuvor xD

Am Montag verliess ich das Schwesternhaus und zog in mein neues Zuhause. Das SMALL HOME. Es ist eine Einrichtung fuer Kinder mit Behinderungen, welches von einer der 3 Schwestern hier gefuehrt wird. Die Kinder sind zwischen 5 und 18 Jahren alt. Sie haben alle Eltern, einige von ihnen werden am Morgen gebracht und am Abend wieder abgeholt, andere wohnen hier waehrend der Schulzeit und verbringen ihre Ferien zu Hause. Hier ein paar Eindruecke vom Heim ...

Ich muss ganz ehrlich gestehen - natuerlich war ich MEGA gespannt was auf mich zukommt und ein bisschen Angst war auch dabei. Nie zuvor habe ich mit Kindern mit Behinderung gearbeitet und ich hatte keine Ahnung, ob ich der Aufgabe ueberhaupt gewachsen sein werde - aber schon nach dem ersten Hallo war ich hin und weg von den Kindern und wusste, dass ich mich hier wohl fuehlen werde. Sie sind einfach unglaublich - jede und jeder auf eigene Weise.

 

Innerhalb von zwei Tagen kannte ich alle Namen - 19 waren es am Anfang. Das Heim hat gerade erst wieder aufgemacht, da die Schule erst vor zwei Wochen wieder angefangen hat, und so kommen laufend mehr Kinder. 30 werden erwartet. Englisch sprechen koennen gerade einmal 3, verstehen koennen es 5. Zum Glueck kann ich noch ein bisschen Kiswahili vom letzten Jahr und dank Johannes' Vokabeltests klappt es einigermassen gut. Zum Lachen bring ich sie aber alle mit meinen Grimassen und den Haaren - was braucht es mehr :)

 

Neben den Kindern gibt es jede Menge Personal. 6 Hausmuetter, 2 Therapeute, 2 Koeche (die mich verwoehnen - tja liebe Mama, sie koennen fast mit dir mithalten - FAST!), 2 Putzfrauen und eine Sozialarbeiterin. Meine Aufgabe: Bring dich ein und hilf wo du kannst. Nun ich versuche mein Bestes :)
 

An den afrikanischen Lebensstil - mal schauen was ich dann mache - gewoehne ich mich nur langsam. Zur Zeit ist mein Tagesablauf noch ziemlich organisiert - mal schauen wie lange.  Am Morgen starte ich um 7 Uhr. Fruestueck fuer die Kinder vorbereiten. Mandazi zerhacken und mit Brei anruehren. Dann die Kinder fuettern. Anschliessend gehen einige Kinder in die Sonderschule gleich nebenan und die Anderen in den Therapieraum. Waehrend sie dort sind, helfe ich den Muettern die Boeden zu wischen und Kleidung zu waschen (als ich beim Bodenwischen geholfen habe, sagt doch tatsaechlich eine zu mir: you are too fast! Ich werde mich bemuehen langsamer zu arbeiten xD). Um 10 Uhr gibts eine Pause - die Kinder bekommen einen Brei. Bis 12 Uhr geht ihr Programm weiter. Nach dem Mittagessen haben sie Pause bis 14 Uhr. Um 4 Uhr ist ihr Programm zu Ende und sie werden alle in den Speisesaal gebracht. Dort schauen sie TV und warten auf das Abendessen um 18 Uhr. Ca. 3 Stunden am Tag verbringe ich mit fuettern. Gestern hab ich einmal gezaehlt - 27 x muss ich Helen den Loeffel in den Mund stecken, bis sie EINEN Loeffel Brei aufgegessen hat - meine Geduld wird hier durchaus geschult. Anschliessend heisst es ab ins Bett - zumindest fuer die Kleineren. Die Aelteren Jungs bleiben auf - sie lieben das Schlangen und Leitern Spiel. Auf die Kegel sind sie ganz scharf - genau wie wir frueher "Fingernaegel" gespielt haben haha. Einmal funktionierte der TV am Abend nicht, also holte ich meine Boxen um Musik zu hoeren. Als ich ihnen die "Kenyapaylist" im Ipod zeigte waren sie alle aus dem Hauschen und tanzten im ganzen Speisesaal herum. An einem Abend staunte ich, als die Jungs anfingen die Raeder ihrer Rollstuehle selber zu wechseln. Immer wieder versetzen sie mich ins Staunen.

Am liebsten waere ich ueberall zur gleichen Zeit. Die ersten zwei Wochen waren wirklich sehr anstrengend, da es so viel Neues fuer mich zu lernen und sehen gibt. Wenn ich mit dem Putzen fertig bin, verbringe abwechselnd Zeit in der Schule oder im Therapieraum. Im Therapieraum werden immer zwei Kinder zur selben Zeit behandelt. Die Anderen sitzen da und warten. Sobald ich den Raum betrete stuerzen sich alle, die sich selber Bewegen koennen auf mich. So habe ich nun angefangen, mir immer ein oder zwei Kinder zu schnappen und mit ihnen draussen zu spielen.

 

Einmal durfte ich die Sozialarbeiterin auf einem ihrer Heimbesuchen begleiten. Ein Junge ist noch nicht zurueck ins Small Home gekommen und sie wollte herausfinden warum. Ich wusste nicht, wohin wir gehen oder was mich erwartet, bis wir das Zuhause des Jungen erreichten. Harry sass auf dem Sofa und strahle uebers ganze Gesicht als er uns kommen sah. Er sprang im Schneidersitz auf und ab und schlug seine Arme in die Luefte. Er hat keine Unterarme. Was mich am meisten ueberraschte - seine MAMA war eine Weisse. Wir setzten uns und sie erzaehlte uns ihre Geschichte. Mama Dee, urspruenglich Krankenschwester in England, kam 1995 nach Kenia um Kindern eine Schule und ein Krankenhaus zu bauen. In ihrer Nachbarschaft wurde ein Junge ohne Beine und Arme geboren, der Stamm wollte das Kind umbringen und sie konnte ihn retten. Sie adoptierte ihn und kuemmerte sich um ihn. Als er 22 Monate alt war, starb er. Sie blieb hier und einige Jahre spaeter wurde Harry geboren, seine Mutter war Alkoholikerin, alle ihre Kinder kamen ohne Arme zur Welt. Sie bat Mama Dee sich um ihren Sohn zu kuemmern und diese nahm ihn auf. Ueber diese Frau gibt es wirklich einiges zu erzaehlen - vermutlich folgt ein eigener Blogeintrag!

 

Es gaebe noch soooo viel zu erzaehlen, aber fuer heute reichts. Heute war mein erster wirklich freier Tag. Am Morgen habe ich eine Freundin vom letzten Jahr besucht, anschliessend habe ich fuer meine "erste Wohnung" eingekauft und am Nachmittag war ich am Strand - dieses Mal habe ich mich beim Gehen wirklich auf den Boden konzentriert xD

 

 

Liebe Gruesse aus Malindi

 

"Sister" Eliza